36 Perspektivwechsel| HFF sein Filmhochschulstudium 1994 in München begann, von sich. „Für mich war die Filmhochschule zuerst einmal biografisch eine optimale Kom- bination: Lernen und gleichzeitig die Eltern beruhigen“, blickt Becker zurück. „An der Filmhochschule merkte ich dann sehr schnell, dass das ein hervorragender Tummelplatz ist, um Sachen auszuprobieren. Man muss sich das, was man braucht, dort nehmen und suchen. Man bekommt ein unglaubliches Rundumwissen. Zum Beispiel die technische Seite. Ich kann heute noch eine Kamera be- dienen und Filme einlegen, ich kann Lampen aufbauen und mit einer Tonapparatur umgehen. Mir kann keiner etwas erzählen in meinem Job, dass das so oder so nicht gehe, weil ich diese ganze technische Seite beherrsche.“ Die meisten der Regisseure, deren Filme ihm viel bedeuten, hat Becker an der Hochschule kennen gelernt. „Wir haben zum Beispiel eine Kamera übung gemacht, und ich habe Leute gesucht, bin einfach herumgelaufen und habe gefragt, wer von euch will einen Film machen mit einer Pistole, einer Schießerei oder Action. So habe ich Dennis Gansel getroffen, der eine Pokerkurzgeschichte in petto hatte. In der Entwicklung haben wir das Buch allerdings geändert, und heraus kam der Kurzfilm ‚The Wrong Trip‘.“ Der auf vielen Festivals lief. In der Hochschule ist Becker auch Benjamin Herrmann, Sebastian Niemann (mit dem er den Horrorfilm „7 Days to Live“ drehte) und Peter Thorwarth begegnet. „Das größte Potenzial an der Hochschule sind die Kreativen“, resümiert Becker. Schon einige Monate nach Beginn seines Studiums gründete Becker seine erste Firma, Vide Film, 1997 dann mit Thomas Häberle die Indigo Filmproduktion und die Becker & Häberle Film GmbH, die sie im Jahr 2000 unter das Dach der börsen notierten F.A.M.E AG führten. Die Zeiten des Neuen Marktes sieht Becker heute eher skeptisch. Das Geld ist zwar geflossen, kreative Energie aber weniger. Nur einen Film konnte Becker in dieser Zeit realisieren, das Projekt „Der WiXXer“ wurde vom Management abgelehnt. „Mir geht es eigentlich nie um’s Geld“, sagt Becker. „Ich will, dass Filme gemacht werden. Ich lebe für den Moment, wenn der Vorhang aufgeht.“ Als die F.A.M.E, wie viele andere Firmen in dieser Zeit ins Wanken geriet, kaufte Becker die im Entwicklungsstadium befindlichen Projekte zurück und gründete 2002, mit einer Beteiligung von 51 Prozent der Constantin Film, die Westside Film und die Rat Pack Filmproduktion, die seitdem unter anderem „Hui Buh das Schlossgespenst“ (2006) und das charmante Sequel „Neues vom WiXXer“ (2007) produzierte. Wie sieht sich Becker selbst als Produ- zenten? Als einer, der eingreift oder als einer, der die Kreativen machen lässt? Beides, antwortet Becker. „Ich lasse sie so lange machen, wie alles gut läuft und ich das, was ich sehe, gut finde. Ich kann mich aber auch stundenlang damit aufhalten, mit den Leuten etwa über Nummernschilder zu diskutieren. Es gibt Regisseure, da bin ich beim Drehen gewissermaßen nur Umfeld, nur morgens und abends da, es gibt aber auch welche, da sitze ich den ganzen Tag an der Video- Combo, wenn die das wollen. Als Produzent Macht auszuüben, ist immer nur das Allerletzte – und funk- tioniert nie so gut. Ich bin eher, wie die Amerikaner sagen, ein ‚hands-on producer‘.“ Becker bezeichnet sich selbst als Spezialist für Komödien und große Stoffe. „Ich weiß, dass es Leute gibt, die besser Drama machen können. Ein Ausflug war ja „Kanak Attack“ mit dem Regisseur Lars Becker, aber da habe ich auch gemerkt, da stoße ich Christian Becker (*1972) begann im Oktober 1994 sein Studium der Produktion und Medienwirtschaft an der HFF München. Schon vier Monate später gründete er seine erste Firma „Vide Film-produktion GbR“. Es folgten weitere Firmengründungen, darunter die „F.A.M.E. Film & Music Entertainment AG“ 1999 und „Rat Pack Filmproduktion“ 2002. Und es folgten etliche Preise für von ihm produzierte bzw. koproduzierte Filme, darunter der Academy Award (Kurzfilm-Oscar) 2001 für „Qiero Ser“ (Ko-Produktion) und der Grimme Preis 2000 für das beste TV-Movie für „Das Phantom“ (Produzent). Christian Becker (r.) mit Regieassistent Hendrik Holler am Set von “Die Welle”