W&V Kolumne: Audi #DriveProgress “Daughter” – eine Spotanalyse von Philine von Sell

13 Feb 2017 | Categories: Aktuell, Alle, W&V Kolumne | Posted by: Philine

ZUM W&V INTERVIEW MIT PHILINE VON SELL
Was Audi beim Super-Bowl-Spot falsch gemacht hat

Der Audi Super-Bowl-Spot 2017 drückt dramaturgisch und visuell etwas anderes aus, als es auf den ersten Blick erscheint.

Der Spot erzählt das Thema „Equal Pay“ als Gleichnis: ein Seifenkistenrennen im einfachen, ländlichen Amerika. In Sepia-Farben, Retrolook, es riecht nach der „guten alten Zeit“. Also bewusst nicht das authentische, bunte Setting der heutigen Seifenkistenrennen in den USA.

Hauptfiguren sind Vater (Subjekt) und Tochter (Objekt). Er als Zuschauer und Erzähler, sie als mutige Seifenkistenpilotin. Auf den ersten Blick: ein aufwendig und auch im Detail liebevoll inszenierter, unterhaltsamer und emotionaler Spot mit hohem Productionvalue. Auf den zweiten Blick fällt aber auf: Der Spot drückt dramaturgisch und visuell etwas anderes aus:
Der Vater, groß und gut aussehend, überragt alle anderen Männer, neben ihm ein kleinerer Mann (not good-looking) und (im Hintergrund) ein Schwarzer. So wirkt er schon einmal gegenüber den anderen Vätern überlegen. Die blonde Tochter ist mit Abstand das hübscheste Kind. Ihre am Anfang groß gezeigten Gegner: ein stiernackiger Redneck mit Footballhelm und Kriegsbemalung, ein pummeliger Kerl in billigem Fußballshirt – Typ Mexikaner, ein schwitzendes Mädchen mit Zahnspange. Übrigens: Übergewicht wird in den USA oftmals mit Unterschicht gleichgesetzt.

Nachdem unsere Heldin als Erstes das Mädchen lässig abgehängt und den Redneck durch ein geschicktes Bremsmanöver zur Strecke gebracht hat, überwindet sie am Ende des Rennens auch ihren letzten Gegner und – Überraschung – gewinnt. Vater reißt die Arme hoch, neben ihm ein Working-Class-Amerikaner mit abgetragener Baseballkappe. Vater und Tochter, schön, lässig und cool gekleidet, sie mit Pokal in der Hand, schlendern zur Audi-Limousine S5 (ohne Anhänger – wie ist ihre Seifenkiste hierhergekommen?), die als einziges Fahrzeug einsam am Straßenrand steht. Die anderen gehen im Hintergrund zu Fuß nach Hause. Sie flirtet noch einmal mit der Kamera: schön, lässig und ziemlich erwachsen. Ein Upper-Class-Girl, das es den Hillbillys mal so eben gezeigt hat.

Es bleibt ein fader Beigeschmack von Oberklasse gegen Unterklasse, privilegiert gegen unterprivilegiert. Und so wie ihr Audi fahrender Vater ist auch sie eine Gewinnerin – denn Audifahrer sind keine Verlierer.

ZUM W&V INTERVIEW MIT PHILINE VON SELL
Was Audi beim Super-Bowl-Spot falsch gemacht hat