BLOG VON REINHARD STIEHL, 28.09.2012
Ein Leben wie ein Film: Philine, die Heimatlose, die in Hamburg geboren wird und abwechselnd in den USA, in Schwaben und in Brasilien aufwächst. Philine, die als junges Mädchen ein halbes Jahr lang mit ihren Eltern im VW-Bus durch Nord-und Südamerika tourt und von ihnen Privatunterricht erhält. Philine, die – zurück in Hamburg – als Teenager ein humanistisches Gymnasium besucht, als 17jährige die Schule schmeißt und ihre Eltern verlässt. Philine, die eigentlich Kunst studieren will und sich in Italien und Deutschland mit Jobs über Wasser hält.
Philine, die sich mit 20 in einen Agenturchef verliebt und die große weite Werbewelt entdeckt. Philine, die Drehbuchautorin und Regisseurin wird und mit 23 ihre eigene Filmproduktionsfirma gründet. Philine, die Industrie- und Imagefilme dreht, weil ihr keiner die Werbespots zutraut, und die mit ihren Filmen überall auf der Welt Preise gewinnt. (Später macht sie dann auch die Werbespots.) Philine, die mit 33 zur Professorin an der Münchener Hochschule für Film und Fernsehen berufen wird und dort den Lehrstuhl für Werbe-, PR- und Image-Film aufbaut. (Ohne Abitur oder Hochschulabschluss.)
Philine, die immer wieder alles hinter sich lässt: ihre Produktionsfirma; das Business; Hamburg … als sie 1996 von Hamburg nach München geht – ihre Professur; die Karriere; München … als sie 1999 nach Südafrika flüchtet. Philine, die in Kapstadt und Johannesburg die Lifetime e.V. ins Leben ruft, Kinderdörfer mitaufbaut und Künstler-Talente fördert. Philine, die zwischen den Welten pendelt, jetzt vor allem fotografiert und installiert, in Berlin ihren späteren Mann, den Film-Produzenten Philip von Sell kennenlernt und dort gemeinsam mit ihm etwas Neues aufbaut: 2004 die „Hofmann von Sell Film und Media Solutions“ und 2006 die „Hofmann von Sell Projektgalerie“. Daneben ihre „Eigenmarke“ Philine von Sell, unter die sie weiterhin Kunst produziert.
Kunst, Kultur, Kommunikation. Darum kreisen Philines Ideen und Projekte. Meistens für hochkarätige Kunden wie Siemens, Osram, ProSiebenSat1, aber auch für Institutionen wie die Uni Stuttgart oder die Hochschule für Film und Fernsehen, der sie sich nach wie vor verbunden fühlt.
Dabei geht es ihr weniger um das Medium als viel mehr darum, keinen „Bullshit“ zu produzieren, unabhängig vom Medium. „No Bullshit“ ist ihr Lebensmotto. Klingt hart, wenn man bedenkt, dass Philine (griech.) eigentlich „die Freundliche, die Liebenswerte“ bedeutet.
Was ihre eigene Person betrifft, ist die heutige Freifrau von Sell eher unprätentiös. 2008 erscheint ihr Bildband „Made in Germany“ – mit ihren Fotos, aber ohne ein Foto von ihr, nicht einmal auf dem Schutzumschlag. „Made in Germany“ ist ihr wohl bekanntestes öffentliches Werk. Industriefotografie pur. Die Konrad-Adenauer-Stiftung und der Bundestag stellen ihre Fotos aus. Die FAZ schreibt: „”Tatsächlich geraten Fabrikhallen, Werkbänke und Produktpaletten bei ihr voller Würde und Schönheit.”
Für Philine von Sell sind Echtheit und Wahrheit die Grundlage für Glaubwürdigkeit und Nachhaltigkeit. Längst bucht man sie nicht mehr nur als Fotografin oder Regisseurin, sondern auch als Unternehmensberaterin. Ihr Wort hat Gewicht: „No Bullshit“. Ob in den Values-Filmen für Siemens nach den Korruptionsskandalen, ob beim Change-Management im globalen Kontext oder bei CSR-Projekten in aller Welt: Philine von Sell wird zunehmend zur internen Kommunikatorin für ihre Kunden.
In ihrem neuen „Circle of Values Communication“ bringt Philine von Sell nun nicht nur ihre Erfahrungen und ihre Fähigkeiten, ihr Wissen und ihre Weisheit ein – sie sammelt auch ihre langjährigen „Fellows“ und deren Expertisen um sich, um „Werte und Potenzial einer Marke umfassend zu verstehen und aus diesem Wissen anspruchsvolle Kommunikationslösungen zu entwickeln“. Keine Filmproduktion, keine Agentur, keine Galerie. Ein Kreis von Kollegen, für die „Glaubwürdigkeit und Transparenz entscheidend für den langfristigen Erfolg und die Reputation eines Unternehmens (sind) … und die Grundlage für einen überzeugenden und authentischen Unternehmensauftritt (darstellen)“. – „No Bullshit“ eben!
Wem das zu speziell ist, der bucht sie weiterhin als Fotografin und Regisseurin.
Philine, die rastlose und umtriebige Weltbürgerin hat in ihrem „Circle“ eine neue berufliche Heimat gefunden. Sesshaft wird sie deshalb wohl trotzdem nicht werden.